Das Deutsche Papiernotgeld von 1914


Situation der Währung im Deutschen Reich vor Beginn des 1. Weltkrieges


Im Anschluss an den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 schlossen sich der Norddeutsche Bund und die souveränen süddeutschen Staaten zum „2. Deutschen Reich“ zusammen. Von nun an gab es im gesamten Reich erstmals eine einheitliche Währung mit reichseinheitlicher Gestaltung, die Mark, unterteilt in 100 Pfennige. Die Münzhoheit, d.h. die Berechtigung, Münzen und Banknoten herzustellen und für den Verkehr auszugeben, unterlag fortan alleine der 1875 gegründeten Reichsbank. Die neue Mark war eine reine Goldwährung. Die Reichsbank war verpflichtet, eingereichte Banknoten jederzeit 1:1 gegen Goldmünzen einzutauschen. Die umlaufenden Gold- und Silbermünzen hatten einen Feinanteil von 900‰ und somit einen „inneren Wert“, der dem Nominal entsprach. Aus diesem Grunde waren sie auch das bevorzugte Zahlungsmittel. Diese werthaltigen Münzen hatten Mitte 1914 mit einer Gesamtsumme von etwa 4 Milliarden Mark einen Anteil von mehr als der Hälfte des gesamten umlaufenden Geldes. Etwa ein Drittel des Papiergeldumlaufs war durch Gold gedeckt, der Rest durch andere Sicherheiten.



Ursache für die Ausgabe von Notgeld im Jahr 1914


Als das Deutsche Reich am 1. August 1914 Rußland den Krieg erklärte, hatte niemand eine Vorstellung von den Ausmaßen der nun folgenden Ereignisse. Die deutsche Regierung hatte nur einen Blitzkrieg geplant und für einen langjährigen, welt-umfassenden Krieg mit Seeblockade und Rohstoffverknappung keinerlei Konzept. Auch die Reichsbank hatte keine Vorstellungen über Kosten, Finanzierung und Auswirkungen eines langjährigen Krieges. Der Markt reagierte jedoch hochsensibel. In den 2 Wochen vor und nach der Mobilmachung wurden bei den Banken Gold- und Silbermünzen im Wert von rund 2 Milliarden Mark abgehoben. Das entsprach etwa ¼ des gesamten Geldumlaufs. Diese Entwicklung veranlasste die Reichsbank, am 31.Juli 1914 die Einlösepflicht für Banknoten in Goldmünzen aufzuheben. Nun wurden erst recht Münzen gehortet und dem Geldverkehr entzogen. Das Hartgeld wurde außerordentlich knapp. Mit neu herausgegebenen Darlehnskassenscheinen versuchte die Reichsregierung nun, diesem Mangel an Kleingeld entgegenzuwirken. Damit beschritt sie gleichzeitig den Weg zur Staatsfinanzierung durch vermehrten Geldscheindruck. Es gab trotzdem immer wieder Probleme beim Wechseln größerer Banknoten und auch bei der Lohnauszahlung. Um Unruhen zu vermeiden, sahen sich immer mehr Gemeinden, Sparkassen und Unternehmen gezwungen, vorübergehend Notgeld in Form von Behelfsscheinen herauszugeben. Damit wurde aber das Privileg der Reichsbank zur Ausgabe von Banknoten unterlaufen. Die Notgeldausgaben waren reine Notbehelfe mit kurzer Gültigkeitsdauer, ohne großen Aufwand oder künstlerische Gestaltung. Oft reichten Stempel und Unterschrift. Begriffe wie Gutschein oder Anweisung sowie jedwede Vermeidung des Wortes „Geld“ machten es der Reichsbank leichter, die Missachtung ihres Privilegs zu tolerieren, da sie ja davon ausgehen konnte, daß nach abgeschlossener Neuprägung von Reichsmünzen und weiterer Ausgabe von Darlehenskassenscheinen dieses Behelfsgeld bald wieder verschwinden würde.



Kriegsnotgeld im Jahr 1914


Die früheste Ausgabe von Kriegsnotgeld ist datiert auf den 31.Juli 1914, also am Tag der Verhängung des Kriegszustandes im Deutschen Reich. Es ist die Ausgabe des Brauhauses in Bremen. Weitere Ausgaben folgen jetzt in rascher Folge an Orten überwiegend im Bereich der feindesnahen Westgrenze als auch der Ostgrenze. Ab Mitte August ist die hauptsächliche Ausgabewelle bereits wieder abgeklungen. Wegen der kurzen Gültigkeitsdauer sahen sich manche Orte veranlasst, nach Ablauf der bereits ausgegebenen Scheine wieder Neue auszugeben oder die Gültigkeit der abgelaufenen Scheine zu verlängern. Die ausgegebenen Wertstufen beim 1914er Notgeld entsprachen dem gängigen Zahlungsbedarf. Daneben gab es bei den Industriebetrieben auch Scheine über wechselnde Beträge, die nach Bedarf für Lohnrestzahlungen ausgefüllt wurden. Die erste Notgeldperiode entstand durch den kriegsbedingt erhöhten Geldumlauf, angstbedingtes Horten von edelmetallhaltigem Münzgeld und der Unfähigkeit der Reichsbank, dem entstandenen Kleingeldmangel entgegen zu wirken. Mitte 1915 war diese erste Notgeldperiode beendet und der Geldumlauf hatte sich wieder normalisiert. Aus der Periode des Kriegsnotgeldes von 1914 sind 470 Ausgabestellen an 403 Orten auf dem Gebiet des ehemaligen deutschen Kaiserreiches bekannt.

  alle Orte, an denen im Laufe des Jahres 1914 Notgeld ausgegeben wurde.

Wie man sieht, konzentrieren sich die Notgeldausgaben hauptsächlich auf Orte im Bereich der feindesnahen Grenze.



Wenn man in dem Balkendiagramm mit dem Mauszeiger über den Tagesbalken fährt, ändert sich die Farbe als Zeichen dafür, daß man sich mit der Maus auf dem Link befindet. Beim Klicken auf diesen Link wird dann eine Karte mit den Ausgabeorten dieses Tages gezeigt.
In der Liste der Ausgabestellen sind die Orte, von denen sich Stücke in meiner Sammlung befinden, zu einer Bildergalerie verlinkt.

Anzahl der täglich neuen Orte mit Notgeldausgaben

Ich habe meine Sammlung konzentriert nur auf den ersten Ausgabetag einer jeden Ausgabestelle.




update: 08.11.2017