Meine Seefahrtzeit

( mit Bildern vom Seegang )


Wie jeden jungen Menschen hat auch mich eines Tages eine Inspiration befallen, die mein ganzes Leben geprägt hat. Von der Seefahrt hatte ich bisher keine besondere Vorstellung, außer was man so in Seeräubergeschichten hörte. Was ein (Bau-) Ingenieur ist, habe ich an meinem Vater beobachten können.

Ich muß so um die 15 Jahre alt gewesen sein, als wir schon hin und wieder mal erfolgreich versucht haben, im Kino einen Film ab 18 anzuschauen, denn einer unserer Kumpels, der im Gegensatz zu uns anderen gar nicht so alt aussah, hatte einen Ausweis, der besagte, daß er schon 18 sei. Und den haben wir immer vorgeschickt, so wurden wir "Größeren" dann gar nicht mehr gefragt

Wir hatten uns einen Film angeschaut, in dem ein Schiff unterging. Die Dramatik in diesem Film ( ein Mann versuchte, einer eingeklemmten Frau bei steigendem Wasserspiegel den Mund über Wasser zu halten ) hat uns so amüsiert, daß wir lauthals rumalberten. Aber etwas ist bei mir hängen geblieben, denn es wurde, soweit ich mich erinnere, recht seriös die Tätigkeit eines Schiffsingenieurs gezeigt.

Das führte zu weiteren Informationen über diesen Beruf und zur Grundsteinlegung meines Berufswunsches. Ein für mein Interesse fördernder Begleitumstand war, daß mir der vorgeschriebene Aus­bildungsweg ermöglichen würde, schon bald mein Elternhaus zu ver­lassen.

Meine Eltern hatten es nicht gerade einfach mit mir und waren natürlich schockiert von meinem Berufswunsch, aber meine Beharrlichkeit hat bei ihnen die Erkenntnis über die Ernsthaftigkeit meines Willens erweckt. Mein Vater hat mich dann aber auch mit allen seinen beruflichen Beziehungen tatkräftig unterstützt, so daß ich unbeschwert meinen Weg gehen konnte. Er hatte nur eine Bedingung, die ich als vernünftig akzeptieren konnte. Man musste damals ein Praktikum von mindestens 3 Jahren nachweisen, um überhaupt als Ingenieur-Assistent zur See fahren zu können. Und eine Lehre dauerte 3 ½ Jahre. Er verlangte also von mir, daß ich eine Lehre machen sollte, damit ich, wenn ich mir das irgendwann später, z.B. im Studium, doch einmal anders überlegen sollte, wenigstens einen abgeschlossenen Beruf hätte.

Bei der Seefahrt habe ich dann neben dem Saufen auch das praktische Denken gelernt, das zum Improvisieren und Organisieren befähigt und mir in meinem ganzen weiteren Berufsleben immer vorteilhaft gewesen ist. Auch heute noch.

Daß ich die Seefahrt nicht mein ganzes Leben lang betreiben würde, war mir eigentlich irgendwie von Anfang an bewusst. Als dann die Frachtfahrt sich langsam über Fahrplan mit keinen nennenswerten Liegezeiten mehr in Richtung Containerfahrt entwickelte, verschwand für mich der letzte Rest von dem, was man vielleicht Romantik hätte nennen können. Sich einstellender Familienzuwachs hat dann für mich die Seefahrt beendet.

Es war eine schöne Zeit, die ich nicht missen möchte, der ich aber auch nie nachgetrauert habe.


update: 13.10.2017